Die Mehrheit der fast 2500 Stahlsorten, die in die EU-Stahlregistratur aufgenommen wurden, ist legiert: niedrig- oder hochlegiert. Also enthalten diese Stähle neben Eisen und Kohlenstoff weitere Elemente, die in der Norm DIN EN 10020 aufgelistet sind. Um die legierten Stähle von den unlegierten zu unterscheiden, sind in der Norm auch die für die Unterscheidung maßgebenden Legierungsgehalte genannt.
Der König der Legierungselemente ist zweifelsohne Chrom Cr. Es gibt nur wenige legierte Stahlsorten, die kein Chrom enthalten. Und dann gibt es eine Reihe von Legierungselementen, die wohl bekannt sind, wie z.B. Mangan, Nickel, Molybdän, Wolfram u.a.
In der erwähnten Liste finden wir auch exotische außergewöhnliche teilweise kaum bekannte Elemente wie: Bor, Cer, Niob und Tantal sowie Selen und Tellur. Was bewirken diese Legierungselemente im Stahl?
Bor B ist ein leichtes seltenes Halbmetall mit hoher Schmelztemperatur von ca. 2100 °C. Es wird für spezielle Anwendungen im Mikrobereich in mehreren Stahlgruppen zulegiert. Eisenboride ergeben hohe Härte sowie Temperaturbeständigkeit. Ein Sortenbeispiel ist Stahl 8MoB5-4, der für nahtlose Rohre für Druckbeanspruchungen (Abb. 1) verwendet werden kann.
Abb. 1 Nahtlose Stahlrohre
Einer der weitverbreitetsten Borstähle ist Ferrobor, eine Legierung aus ferritischem Stahl mit hohem Borgehalt von 12 % bis 24 %. Ferrobor ist bekannt für seine hohe Härte und Verschleißfestigkeit. Da Bor einen hohen Wirkungsquerschnitt für Neutronen-Absorption aufweist, legiert man damit Stähle für Regler und Abschirmungen Atomkernenergie-Anlagen. Interessanterweise beträgt der maßgebende Grenzgehalt für Bor 0,0008 %. Es ist kein Schreibfehler, es ist so wenig. Was ein gewisser Beweis für die hohe Wirksamkeit des Legierungselements darstellt.
Cer Ce gehört zu den Lanthanoiden (sogenannten seltenen Erden) und kommt gewöhnlich gemeinsam mit anderen Lanthanoiden als „Mischmetall“ zum Einsatz. Cer wirkt reinigend, da es stark desoxidiert und die Entschwefelung fördert. Es begünstigt in hochlegierten Stählen die Warmverformbarkeit und die Zunderbeständigkeit. Ein Sortenbespiel ist Stahl X6NiCrNbCe32-27, der zur Gruppe hitzebeständiger Stähle gehört.
Niob Nb und Tantal Ta sind hochschmelzende Metalle. Sie kommen fast nur gemeinsam vor und sind sehr schwer voreinander zu trennen, so dass sie oft zusammen verwendet werden. Beide Elemente sind starke Karbidbildner und treten als Stabilisierungsfaktoren in chemisch beständigen Stählen auf. Infolge der Erhöhung der Zeitstandfestigkeit durch Niob wird es oft auch den hochwarmfesten Stählen zugesetzt. Als Sortenbeispiel kann X2CrNbZr17, ein nichtrostender Stahl, genannt werden Bei diesem Kurznamen erkennen wir, dass noch ein Exot, Zirkonium Zr, dem Stahl zulegiert wird.
Selen Se ist ein niedrigschmelzendes Halbmetall, das Spanbarkeit von Stählen stärker verbessert als Schwefel. Es kann also in Automatenstählen verwendet werden. Übrigens sind viele Selenverbindungen giftig.
Tellur Te ist, ähnlich wie Selen, ein Halbmetall, das auch die Spanbarkeit von Stählen verbessert und so findet es in Automatenstählen Verwendung. Ein Sortenbeispiel ist der Automatenstahl 11SMnPbBiTe37, der neben dem Tellur noch zwei ziemlich exotische Elemente enthält, nämlich Blei Pb und Bismuth Bi. Über die Automatenstähle können Sie mehr unter unserem Link Automatenstähle lesen.
Zu den außergewöhnlichen Legierungselementen kann auch Stickstoff gezählt werden. Wir kennen Stickstoff als Gas, das sich in der Luft befindet. Es wird jedoch auch den Stählen „zulegiert“, wobei dann sagen wir eher, der Stahl wird aufgestickt. Ein Beispiel eines aufgestickten ist die Sorte X18CrN28, die hitzebeständig ist. <<