Wetterfeste Stähle

Wetterfeste Baustähle - die auch als Corten-Stähle (Corrosion-Resistance–Tensile strenght) bezeichnet werden - sind allgemeine höherfeste schweißgeeignete Baustähle mit verbesserter Korrosionsbeständigkeit gegen Witterungseinflüsse (gegen atmosphärische Korrosion). Die entscheidende Rolle spielt dabei eine genau abgestimmte Zusammensetzung.

Zusammensetzung und Ursache der Wetterbeständigkeit

Diese Stähle enthalten geringe Zusätze von Legierungselementen Chrom, Kupfer, Nickel, Silizium, welche durch Mischkristallbildung die Stahlfestigkeit erhöhen und auch den Ablauf der Korrosion verändern. An der Luft bilden sich dichte und festhaftende Rostschichten, die vor weiterem Fortschreiten der Korrosion schützen (Prinzip der Passivierung). Durch Zusatz von Kupfer entsteht unter der eigentlichen Rostschicht eine sehr dichte Barriere-Schicht, die alkalische Kupfer-Sulfate enthält. Im Falle von Vorhandensein von Phosphor wird die Schicht durch alkalische Kupfer-Phosphate verstärkt. Die korrosionshemmende Wirkung der Deckschicht beruht auf ihrem speziellen Aufbau sowie auf der besonderen Verteilung und Anreicherung von Legierungselementen. Abhängig von den Bedingungen in der Umgebung dauert die Entstehung der Rostschicht ca. 1,5 bis 3,5 Jahren. Diese ganz erwünschte Korrosion wetterfester Stähle verläuft allgemein in drei Phasen: Am Anfang ist die Korrosionsgeschwindigkeit hoch, es bildet sich noch lose haftender Rost. Danach wird die Abtraggeschwindigkeit geringer, es entsteht die eigentliche schützende Schicht. Dann wird ein stationärer Zustand mit nahezu linearer und geringer Abtragsgeschwindigkeit erreicht und er dauert sehr lange an. 

            Abb. 1 Anwendungsbeispiele für Cortenstahl: a) Pavillon bei Expo 2010, b) Skulptur in Oberammergau

Hinweise zur Verwendung wetterfester Stähle

Natürlich ist der Corten-Stahl nicht perfekt. Bei seiner Anwendung müssen bestimmte Bedingungen sehr sorgsam beachten. Vor allem ist ständig ein natürlicher Witterungswechsel mit periodischer Austrocknung der Rostschicht notwendig, d.h. es darf keine ständige Feuchtigkeit vorhanden sein. Die durchschnittliche Befeuchtungsdauer in einem Jahr muss unter 60% liegen (d.h. weniger als ca. 5250 Stunden). Das entspricht jedoch den klimatischen Bedingungen, die für viele bewohnte Gebiete typisch sind. Ein zweiter Faktor von großer Bedeutung ist die örtliche Luftbelastung durch Schadstoffe (Luftverschmutzung). Zwar ist Schwefel für die Entstehung der schützenden Schicht notwendig, aber trotzdem darf die Konzentration von Schwefeldioxid in der Luft einen bestimmten Wert nicht überschreiten. Weitere Anforderungen sind: Die Atmosphäre darf keine Chlorid-Ionen enthalten, Bauwerke und Bauteile aus wetterfesten Stählen müssen gut belüftet sein, die Bildung von kleinen Rissen mit Kapillar-Wirkung sowie Bildung von Lokalelementen (d.h. ein Kontakt des Stahls mit anderen Metallen) müssen vermieden werden.

Die Beachtung dieser Bedienungsanleitung bedeutet, dass Standorte mit hohen Konzentrationen an Schwefeldioxid (z.B. Chemiewerke) und Standorte mit ständigem oder langzeitig hohem Feuchtegehalt (z.B. im Bereich von Kühltürmen, Niederungen, Spritzwasserbereich, Erdboden) sowie Seewasser und Meeresküste für den Einsatz wetterfester Stähle leider nicht geeignet sind. Sicher schränken diese Anforderungen an die Umgebung einen breiten Einsatz der Stähle ein, es sind seine Schwachstellen. Aber diese Schwächen sind heute gut bekannt und wir haben gelernt, den rostenden Corten-Stahl für Bauwerke (und nicht nur dafür) besser einzusetzen. Die Luftverschmutzung ist im Vergleich zu der Anfangszeit der Anwendung viel kleiner und die Stähle viel besser geworden. Die Rostschicht bildet und erneuert sich stetig mit der Bewitterung. Sie erneuert sich auch selbstständig nach einer Beschädigung, sie ist selbstheilend. Dadurch benötigen wetterfeste Stähle keine nachträgliche Pflege. Bei diesen Erneuerungen verändert die Rostschicht, abhängig von Licht und Wetterbedingungen, ihre Farbe von hellbraun bis braun und danach braun-violett mit grober Körnigkeit. Der Rost lebt in gewisser Weise und bietet ständig neue Effekte. Weitere Beeinflussung der Farbe und Form der Deckschicht kann durch Verhältnisse am Bauwerk z.B. durch die Ausrichtung der Bauteile zur Hauptwetterrichtung oder durch örtliche Temperaturunterschiede erfolgen. Dadurch können Bauten aus wetterfesten Stählen Ungleichmäßigkeiten im Aussehen aufweisen.

Mit diesem besonderen Design muss daher gerechnet werden und das ist auch an der in Abb. 1a dargestellten Fassade gut sichtbar. Für die richtige und erfolgreiche Nutzung der Stähle sind der Konstrukteur und sein Geschick sehr wichtig. Vor allem muss der Konstrukteur die jeweilige Abrostung in die Berechnung einzubeziehen und soweit erforderlich durch Zuschläge zu Werkstoffdicke zu kompensieren. Er muss eine Konstruktion so gestalten, dass sich der schützende Rost auf der Oberfläche des Stahls ungehindert bilden und bei Beschädigung erneuern kann. Viele Hindernisse (z.B. Entstehung von Schwitzwasser und Ablagerungen, Spalten und Vertiefungen) müssen eben durch konstruktive Maßnahmen verhindert werden. Auch über mögliche Folgen, die z.B. von einer Corten-Fassade herablaufendes Wasser verursachen kann, muss der Konstrukteur nachdenken. Letztendlich wollen wir nicht als Passanten, dass unsere Kleidung durch rostiges, tropfendes Regenwasser verschmutzt wird. Daher hat diese korrosionsschutzgerechte Gestaltung für Bauten aus wetterfesten Stählen eine noch ausgeprägtere Bedeutung als für den gewöhnlichen Stahlbau.

Kennzeichnung und Anwendung wetterfester Stähle

Die Gruppe der wetterfesten Stähle gehört zu der übergeordneten Gruppe der schweißbaren Baustähle und sie sind entsprechend in der EU-Norm DIN EN 10025-5 mit erfasst. Die Bezeichnung der Stähle, die wegen ihrer geringen Anteile an unerwünschten Elementen (z.B. Schwefel, Phosphor) gemäß DIN EN 10020 zu den Edelstählen gehören, wird analog zu den Baustählen vorgenommen. Dies bedeutet, dass der Stahl-Kurzname über seine Anwendung sowie Festigkeit informiert. Erkennen kann man wetterfeste Stähle anhand des angehängten Buchstaben W (bzw. WP für phosphorlegierte wetterfeste Stähle). In der EU sind neun Sorten der Stähle mit Festigkeiten (die Streckgrenzen) zwischen 235 und 355 MPa genormt. Damit haben die Konstrukteure gute Auswahlmöglichkeiten. 

Die wetterfesten Stähle werden bevorzugt für große Bauteile (Gittermaste, Lichtmaste, Brücken) und offene Stahlkonstruktionen verwendet. Diese Bauteile werden der Witterung ausgesetzt aber wegen ihrer Größe vor Korrosion (z.B. durch Verzinken) nicht geschützt. Ein gutes Beispiel das Pavillon von Australien bei der Expo 2012 in Shanghai (Abb. 1a). Eine ganz besondere Verwendung findet Cortenstahl als Material für Kunstwerke (Abb. 1b). Die Anwendung wetterfester Stähle breitet sich aus und nimmt stetig zu. <<

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