Einsatz- und Nitrierstähle

Die beiden besonderen Stahlgruppen werden getrennt erfasst und genormt. Sie haben jedoch etwas Gemeinsames, was ihre Beschreibung in einem Artikel begründet: Sie sind für thermochemische Verfahren der Wärmebehandlung bestimmt. Dabei werden die Randschichten von Stahlteilen in ihrer Zusammensetzung und folgend in ihrer Härte gezielt verändert. 

Einsatzstähle

Diese Stähle sind niedriggekohlt und werden in der Praxis oft verwendet. Ihre ungewöhnliche Bezeichnung leitet sich vom sogenannten Einsatzhärten ab, für das diese Stähle geeignet sind. Nach dieser Wärmebehandlung hat der Stahl – genauer gesagt: haben die Bauteile daraus – in den Randzonen eine hohe Härte, während der Kern zäh bleibt. Diese Beschaffenheit ist für solche Teile vorteilhaft, die im Grunde einander widersprechende Eigenschaften besitzen sollen. Stähle hoher Härte sind nicht zäh, während ein zäher Stahl nur relativ geringe Härte besitzt. Hinzu kommt, dass sich ein niedriggekohlter Stahl besser zerspannen und kaltumformen lässt. Die Einsatzstähle stellen also ein Material dar, das sozusagen aus zwei Stahlsorten mit unterschiedlichen Eigenschaften besteht.
Einsatzstähle sind unlegierte oder niedriglegierte Stähle mit verhältnismäßig geringem Kohlenstoffgehalt (0,1 % bis etwa 0,25 %). Somit zählen sie zu den allgemeinen Baustählen (dazu Allgemeine Baustähle). Als Legierungselemente werden vor allem Chrom, Molybdän und Nickel in geringen Mengen zugesetzt.

        Abb. 1 Einsatz- und Nitrierstähle a) Gefüge eines Zahnrades nach dem Einsatzhärten,                                              b) Schnecke eines Getriebes, c) Bauteile beim Plasmanitrieren

Verfahren des Einsatzhärtens

Das Einsatzhärten ist ein thermochemisches Verfahren und gehört zu den häufigsten Methoden der Oberflächenbehandlung von Stahl. Ein wichtiger Vorteil dieses Verfahrens ist, dass es sich dabei ein deutlicher Unterschied in der Härte zwischen der Randschicht und dem Kern einstellen lässt. Wie bereits erwähnt, das ist für viele Bauteile, die stoßartig und gleichzeitig auf Reibung beansprucht werden, sehr wichtig. Dazu gehören allem voran Zahnräder (Abb. 1a).
Das Einsatzhärten besteht aus drei Schritten: Aufkohlen, Härten und Anlassen. Das Aufkohlen, das auch als Einsetzen bezeichnet wird, ist der charakteristische, kennzeichnende Arbeitsschritt dieser Wärmebehandlung. Das Ziel ist die Erhöhung des Kohlenstoffgehaltes, da diese Stähle sonst zu wenig Kohlenstoff haben, um bei einem martensitischen Härten wesentliche Steigerung der Festigkeit zu erzielen. Beim Aufkohlen werden die Einsatzstähle in eine kohlenstoffhaltige Umgebung eingesetzt und auf Temperaturen zwischen 880 °C und 1050 °C geglüht. Auch höhere Temperaturen sind möglich, bis zu 1.050 °C werden derzeit angewendet. Dabei wird das kohlenstoffhaltige Mittel in einem flüssigen, gasförmigen oder festen Aggregatzustand zugesetzt. Der Kohlenstoff diffundiert aufgrund der hohen Temperaturen von außen in die Randschicht ein. In Abhängigkeit von Temperatur und Aufkohlungsmittel beträgt die Diffusionszeit 0,1 bis 0,3 mm pro Stunde. Dabei erhöht sich der Kohlenstoffanteil in der Randschicht auf etwa 0,8 %. Nach dem Aufkohlen erfolgt das Härten in einem flüssigen oder gasförmigen Abschreckungsmittel. Bedingt durch den höheren Kohlenstoffgehalt bildet sich der härtende Martensit nur in der Randschicht. Der Werkstückkern mit dem geringeren Kohlenstoffgehalt bleibt weich und zäh. Nach dem Härten (mit Abschrecken) folgt unmittelbar das Anlassen. Denn erst die entsprechende Kombination von Anlassen und Härten ergibt ein Gefüge mit optimierten mechanischen Eigenschaften.

Beeinflussung von Eigenschaften von Einsatzstählen

Das Verhalten hängt wesentlich von der Beschaffenheit der Übergangszone zwischen Rand- und Kernschichten ab. Die Festigkeit im Kern soll indessen auch nicht zu gering sein, damit die Randschicht einen stützenden Unterbau erhält. Außer Kohlenstoff steigern die Legierungselemente Chrom und Molybdän die Kernfestigkeit während Nickel und auch Bor die Zähigkeit verbessern, indem sie feinkörniges Gefüge bilden.
Der als Stangenmaterial gehandelte Einsatzstahl wird vor der Oberflächenhärtung spanend oder spanlos bearbeitet. Sobald der Stahl gehärtet ist, kann er geschliffen, erodiert, geläppt oder poliert werden.
Die Verwendung von Einsatzstählen ist vielfältig und ergibt sich aus den in einem konkreten Fall geforderten Eigenschaften. Hauptsächlich werden sie im Bereich des Maschinenbaus benötigt.
Eine typische Anwendung finden die Einsatzstähle bei der Herstellung von Zahnrädern und Antriebsteilen, die in einem Getriebe (Abb. 1b) eingesetzt werden, wo es vor allem auf eine verschleißfeste Oberfläche, eine hohe Belastbarkeit und eine höhere Dauerfestigkeit und Zähigkeit im Kern ankommt.

Nitrierstähle

Diese Stähle sind – ihrem Namen entsprechend – zum Nitrieren geeignet und werden dann verwendet, wenn eine sehr hohe Randhärte erreicht werden soll. Das Nitrieren ist ein Anreichen eines praktisch fertig bearbeiteten Werkstücks mit Stickstoff mittels einer thermochemischen Behandlung. Statt von Nitrieren wird in der industriellen Praxis gelegentlich auch der Begriff Aufsticken – analog zum Aufkohlen – verwendet. Wenn zusätzlich Kohlenstoff in begrenzter Menge eindiffundiert, spricht man von Nitrocarburieren. Die Nitrierstähle sind ihrer Natur nach Vergütungsstähle, die auch im Allgemeinen im vergüteten Zustand eingesetzt werden, um den Werkstücken genügende Zähigkeit zu verleihen. Nitrierstähle sind legiert und enthalten als Legierungszusätze vor allem Chrom, Aluminium und auch Vanadium. Diese Elemente haben eine höhere Affinität zum Stickstoff als Eisen. Sie bilden feine, sehr harte Nitride in den – übrigens – verhältnismäßig dünnen – Randschichten. Damit sich solche Nitride bilden können, lässt man Stickstoff bei etwa 500 bis 600 °C in die Randschicht des Bauteils eindiffundieren. Die häufigsten Verfahren sind dafür Gas- und Plasmanitrieren (Abb. 1c). Die Nitriertiefe ist in der Regel geringer als die Aufkohlungstiefe beim Einsatzhärten. Weil das Nitrieren bei Temperaturen unterhalb der Austenitisierungstemperatur stattfindet, wird das Vergüten vor dem Nitrieren vorgenommen. Da die Nitride von Natur aus hart sind, ist ein abschrecken nach dem Nitrieren nicht erforderlich, so dass auch keine Härtespannungen und Verzug auftreten.<<

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