Sind die Selten Erden wirklich selten?
Über die sogenannten Seltenen Erden wird in der letzten Zeit viel gesprochen. Sie sind zu einem der Symbole der modernen Technik geworden. Der Gruppen-Name sorgt grundsätzlich für Verwirrung. Denn in erster Linie sind seltene Erden überhaupt keine Erden, sondern Metalle. Der Begriff ist eigentlich eine Abkürzung für die „Metalle der seltenen Erden“ und hat mit ihrer Entdeckung zu tun. Sie wurden nämlich in Mineralien gefunden, aus denen sie in Form von Oxiden (Abb. 1) isoliert wurden. Und diese Oxide nannte man damals auch „Erden“. Der Name weckt aber auch Sorge, dass es diese Metalle möglicherweise bald nicht mehr zu finden sind.
Abb. 1 Rohstoffe (Oxide) für die in der Abbildung genannten Seltenerden-Metalle
Jedoch bevor die Titelfrage beantwortet wird, sollen wir wissen, welche chemischen Elemente zu dieser berühmten Gruppe gehören. Folgend die Tabelle mit den 17 Metallen angeordnet nach der Ordnungszahl im Periodensystem der Elemente (Quelle: W. Schröter u.a. - Chemie, Fachbuchverlag Leipzig 1990):
Chemisches Element | genannt nach |
21 Scandium Sc | Skandinavien |
39 Yttrium Y | dem Fundort Ytterby |
57 Lanthan La | dem griechischen Wort "lanthanein", verborgen sein |
58 Cerium Ce | der altrömischen Göttin Ceres |
59 Praseodymium Pr | dem griechischen Wort "prasios", lauchgrün |
60 Neodymium Nd | dem griechischen Wort "neodym", neuer Zwilling |
61 Promethium Pm | dem griechischen Gott Prometheus |
62 Samarium Sm | dem Mineral Samarskit |
63 Europium Eu | Europa |
64 Gadolinium Gd | dem finnischen Mineralogen J. Gadolin |
65 Terbium Tb | dem Fundort Ytterby |
66 Dysprosium Dy | dem griechischen Wort "dysprosodos", unzugänglich |
67 Holmium Ho | Stockholm |
68 Erbium Er | dem Fundort Ytterby |
69 Thulium Tm | Thule, dem sagenhaften Nordland |
70 Ytterbium Yb | dem Fundort Ytterby |
71 Lutetium Lu | dem alten Namen für Paris (Lutetia) |
In der Aufzählung fällt der schwedische Ort Ytterby auf. Vier der Elemente sind nach ihm benannt und viele anderen wurden dort erstmals gefunden. Der Ort liegt in der schwedischen Gemeinde Vaxholm auf der Insel Resarö in der Schärenlandschaft vor Stockholm. Heute ist die Grube von Ytterby weitgehend erschöpft. 1989 wurde sie von er Organisation ASM International als wichtiger Ort für die Entdeckung von Metallen befunden und in die Liste der Historical Landmarks aufgenommen. Seltenerdmetalle sind silberglänzend, sie laufen an der Luft an und sind zum Teil unbeständig. Viele von ihnen haben aber spezielle Eigenschaften, die heute für die Herstellung unzähliger High-Tech-Produkte unentbehrlich sind. Und diesen Anwendungen verdanken die Metalle ihre stetig wachsende Berühmtheit.
In der Natur kommen diese Metalle in verschiedenen Mineralien (in sogenannten seltenen Erden) vor und müssen zuerst unter großem Arbeitsaufwand als Oxide isoliert werden. Die Gewinnung erfolgt meist durch Elektrolyse von Chloriden, die aus den Oxiden hergestellt werden.
Benötigt werden diese Metalle beispielweise für die Produktion von Handys, Laptops, Plasmabildschirmen oder Lasern, aber auch bei der alternativen Energiegewinnung. In jedem Hybrid- oder Elektroauto werden gut 15 Kilogramm Seltenerdmetalle verwendet, vor allem Lanthan in dem Akkumulator sowie Dysprosium, Neodymium, Terbium in den Dauermagneten des Motors. Insbesondere über Neodymium, das in dem schönen Mineral Monazit enthalten ist, kann man neulich immer öfter in der technischen Zeitschriften lesen. Das verdankt der Werkstoff seinen besonderen magnetischen Eigenschaften, die ca. 25 Mal stärker sind als die des Eisens. Dadurch sind die höchsten Leistungen bei minimalen Bauvolumen von Magneten möglich.
Und nun zurück zu der Titel-Frage. Die Antwort lautet: nein, diese Metalle sind gar nicht so selten, wie der Name es suggerierte. Sie sind häufiger in der Erdrinde vorhanden als z.B. Quecksilber, Wismut, Silber und Jod; Cerium ist häufiger als Blei, Bor und Brom.
Die teurere, arbeitsintensive und nicht zuletzt umweltbelastende Förderung und Erzeugung ließen jedoch zunehmend Industrieländer aus der mühsamen Gewinnung der Rohstoffe aussteigen. Bekannte Lagerstätten wurden als unwirtschaftlich eingestuft und geschlossen. Stattdessen verließ man sich voll und ganz auf China, wo inzwischen ca. 97% der weltweiten Förderung erfolgen.
Und so sind diese Materialien wirklich selten, jedoch nur auf dem internationalen Rohstoffmarkt.<<