Micarta - Material für Messergriffe

    Das ist der Griff eines japanischen Kochmessers. Die Klinge ist aus dem berühmten Damaststahl gefertigt. Aus welchem Material ist aber der rot-schwarze Griff? Zu den dafür verwendeten Materialien gehört Micarta, ein Verbundwerkstoff aus Harz und Leinen, der hygienisch und langlebig ist. Messergriffe aus Micarta gelten als Indikator eines hochwertigen Produkts. Was verbirgt sich hinter dem Begriff Micarta, wo liegen Stärken und Schwächen des Materials?

    Micarta ist ein Verbundwerkstoff (s. Verbundwerkstoffe), bei dem zwei oder mehr Materialien physikalisch miteinander verbunden werden. Dabei wird ein Trägermaterial (Verstärkungsstoff) mit einem flüssigen Harz durchtränkt, das nach dem Aushärten untrennbar mit dem Trägermaterial verbunden ist. Verbundwerkstoffe (engl. „Composites“) können aus völlig unterschiedlichen Materialkombinationen bestehen und dadurch an spezielle Erfordernisse angepasst werden.
    Micarta wird auf ähnliche Weise wie bekannte Verbundwerkstoffe GFK (s. Glasfaserverstärkte Kunststoffe) und CFK (s. Kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe) hergestellt. Allerdings werden weder Kohlenstoff- noch Glasfasern als Verstärkungsstoff verwendet, sondern Matten aus Leinen, Holz oder Zellstoff. Dünne Lagen von Matten können in nahezu jede gewünschte Form gebracht werden, man spricht bei solchen Schichtungen von einem Laminat. Jede Lage wird mit Kunstharz (z. B. Phenolharz oder Epoxidharz) getränkt und unter Temperatur und Druckeinwirkung ausgehärtet. Auf diese Weise erhält man stabile Materialien in Form von Stangen, Platten oder Rohlingen, die mithilfe verschiedener Verfahren zum gewünschten Endprodukt weiterverarbeitet werden können. Ähnlich wie viele Metalle lässt sich Micarta glattschleifen und auf Hochglanz polieren.
    Laminate sind schon seit Langem bekannt. Die Erfindung fand bereits um 1910 statt und geht auf den amerikanischen Industriepionier George Westinghouse zurück. Der ursprüngliche Einsatzzweck waren allerdings Grundplatten für elektrische Bauteile und elektrische Isolatoren. Heute werden viele gegen mechanische Einwirkung widerstandsfähige Produkte in Laminattechnik hergestellt. Das gilt beispielsweise für die Frontscheibe eines Verkehrsflugzeugs (viele Schichten Glas und Folie) oder für beschusshemmende Kleidung.
    Der Begriff „Micarta“ ist mehrdeutig und bezeichnet eine ganze Gruppe von Verbundwerkstoffen. Heute gibt es einfarbige Varianten, die als elektrisches Isolationsmaterial verwendet werden. Für Messer gibt es Micarta-Blöcke, die aus vielen Schichten von Trägermaterial aufgebaut und mit Kunstharz verbunden werden. Sie werden gelegentlich mit knallbunten Kunstharzen getränkt. 
    Micarta kann bei entsprechender Druck- und Temperatureinwirkung zu einem sehr dichten und widerstandsfähigen Laminat zusammengepresst werden. Der Verbundwerkstoff hat weitere interessante Eigenschaften. Er ist elektrisch nichtleitend, witterungsbeständig, hat eine hohe Widerstandskraft gegen UV-Strahlung und eine hohe „Dimensionsstabilität“. Letzteres bedeutet, dass das Material bei Erwärmung oder Abkühlung seine Form und Maße nicht verändert. Länge, Breite und Höhe eines gegebenen Stückes bleiben also nahezu unverändert. Dadurch können Bauteile aus Micarta mit sehr geringen Toleranzen gefertigt werden, da keine Dehnungsfugen (wie etwa bei Metallen) berücksichtigt werden müssen.
    Diese Eigenschaften von Micarta erklären seine Eignung für Messergriffe. Schon in den 1970er Jahren haben Messerhersteller begonnen, mit Micarta als Griffmaterial zu experimentieren. Einer der Vorteile von Micarta als Griffmaterial für Messer ist seine Haltbarkeit und Langlebigkeit. Der Werkstoff ist steif und kann Kratzer und Verformungen sehr gut standhalten. Dazu kommen die einfache Zusammensetzung und Herstellung des Materials. Das ist unter anderem auch ein Grund, warum sich dieser Werkstoff so stark verbreitet hat.

                                                                                  Abb. 1 Kochmesser aus Damaststahl mit einem Micarta-Griff

    Oft liest man den Begriff „Canvas Micarta“. Der englische Begriff „Canvas“ steht dabei für Leinwand, also eine mehrschichtige Matte aus Leinen. Häufig sind Micarta-Canavas Griffe schwarz. In unserem Bespiel (Abb. 1) ist der Messergriff aus einem rot-schimmerndem Micarta hergestellt. Messergriffe aus Canvas-Micarta haben eine angenehme Griffigkeit und je nach Ausarbeitung der Griffkontur eine tolle individuelle Optik. Zudem ist der Griff pflegeleicht, eine regelmäßige Reinigung mit Seife oder Öl ausreicht. Micarta wird gerne mit eleganten Edelstahl-Akzenten kombiniert. Heute bieten zahlreiche Firmen Micarta in großer Vielfalt von Mustern und Farben an. Eine Besonderheit stellt das sogenannte Ivory-Micarta dar. Diese Farbvariante sieht echten Elfenbein verblüffend ähnlich und ahmt durch feine Farbabstufungen sogar die Maserung des Elfenbeins.
    Die Verarbeitung von Micarta bereitet jedoch Probleme. Man muss dabei unbedingt darauf achten, dass Säge- oder Schleifstaub nicht eingeatmet wird. Micarta Stäube gelten als hochgradig gesundheitsgefährdend; eine Absauganlage, Mund- und Augenschutz sind also Pflicht. Die Hürden bei Verarbeitung und Arbeitssicherheit haben erheblich dazu beigetragen, dass Micarta in den letzten Jahren immer seltener Verwendung als Material für Messergriffe gefunden hat.
    Neben Micarta werden andere Materialien für Messergriffe verwendet:
    - Edle Harthölzer wie Walnuss, Ebenholz, Olivenholz, Rosenholz, Palisander oder Maserhölzer
    - GFK - glasfaserverstärkter Kunststoff, sehr robust und unempfindlich
    - POM (Polyoxymethylen), hygienisch und pflegeleicht
    - Seltener reine Metallgriffe (z. B. Edelstahl, Titan), da sie rutschig sein können
    - Horn, Knochen oder andere Naturmaterialien, sogar fossiles Mammut-Elfenbein bei Luxusmessern
    - Hybridmaterialien - Kombinationen aus Holz und Harz, oder Holz mit Metall- oder Epoxid-Inlays für besondere Optik
    Übrigens: Japanische Kochmesser sind bekannt für ihre unerreichte Schärfe, was auf Material, Verarbeitung und den typischen Keilschliff zurückzuführen ist.  Das in Abb. 1 dargestellte Messer der Firma Yaxell weist ein auffälliges Damastmuster auf, das durch das beidseitige Schmieden von 80 Lagen von Stahl entsteht, was insgesamt 161 Lagen ergibt. Dieser sorgfältige Prozess führt zu einer Klinge mit einer hohen Härte von 63 HRC, die für außergewöhnliche Haltbarkeit und Schärfe des Messers sorgt. Die Arbeit mit einem solchen Messer ist ein echtes Erlebnis.<<

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      Quelle: Bild der Wissenschaft, 09/2025



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