Im September 2024 stürzte ein Teil der Dresdner Carolabrücke ein. Dieser Absturz hat Stähle für Betonbewehrung bekannt gemacht. Korrosionsschäden an den Stählen sollen zum Absturz beigetragen haben. Viele von Ihnen haben vielleicht dabei zum ersten Mal von solchen Stählen gehört. Zur Bewehrung von Betonteilen werden vor allem Spannstahl und Betonstahl verwendet. Man soll jedoch die beiden Stähle, trotz ähnlicher Aufgabe, voneinander unterscheiden.
Die Hauptaufgabe dieser Spezialstähle ist die Aufnahme der in einem Bauelement auftretenden Zugspannungen, da Beton bekannterweise nur die Druckspannungen aufnehmen kann.
Spannstahl wird zur Bewehrung vorgespannter Bauteile eingesetzt. Er wird im Spannbeton eingesetzt und aktiv vorgespannt (entweder vor oder nach dem Betonieren). Spannstahl zeichnet sich durch eine sehr hohe Festigkeit. Seine Zugfestigkeit liegt bei ca. 1700 MPa und die Streckgrenze bei 1500 MPa Streckgrenze. Damit ist das Streckgrenzenverhältnis dieses Stahls auch hoch. Diese Festigkeitswerte ermöglichen eine große elastische Dehnung des Stahls beim Vorspannen. Dadurch werden im Spannbetonbau die Spannkraftverluste infolge Kriechen und Schwinden des Betons reduziert, die die Vordehnung verringern und so die anfangs aufgebrachte Vorspannkraft abbauen. Spannstahl verwendet man bei Brücken, Fertigteildecken, Hochspannweiten – wo große Zugkräfte kompensiert werden müssen.
Betonstahl (Bewehrungsstahl oder Armierungseisen genannt) wird in Stahlbeton eingesetzt, um Zugkräfte aufzunehmen, da Beton diese schlecht trägt. Er hat mittlere Festigkeitswerte, seine Zugfestigkeit liegt bei ca. 500 MPa. Betonstahl wird nicht vorgespannt, sondern nach dem Einbau in die Schalung mit Beton vergossen, also eingebettet. Seine Verarbeitung ist relativ einfach (biegen, schneiden). Meist in Form gerippter Rundstäbe wird er in normalen Betonbauwerken (Decken, Wände, Fundamente) eingesetzt.
Stähle für die Bewehrung von Beton müssen in Deutschland bauaufsichtlich durch das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) zugelassen sein.
Spannstahl, wie auch Bewehrungsstahl sind korrosionsanfällig, was mit dem Kontakt mit Beton noch verstärkt wird. Insbesondere Spannungsrisskorrosion kann bei diesen Stählen zu einem großen Schaden und Versagen der Bauteile führen.
Spannungsrisskorrosion ist die transkristalline durch die Körnern des Gefüges (Abb.1a) oder interkristalline entlang der Korngrenzen des Gefüges (Abb.1b) Rissbildung in Werkstoffen.
Abb. 1 Spannungsrisskorrosion a) transkristallin, b) interkristallin
Sie tritt unter dem gleichzeitigen Einfluss einer statischen Zugspannung oder mit überlagerter niederfrequenter Zugschwellspannung sowie unter Einwirkung eines speziellen Korrosionsmediums auf. Auch Eigenspannungen können wirksam sein. Für das Auftreten von Spannungsrisskorrosion müssen also drei Bedingungen erfüllt sein: Der Werkstoff muss einen Anriss haben, Zugspannungen müssen vorliegen und ein spezielles Korrosionsmedium muss vorhanden sein. Beim Einsatz von Betonbauteilen sind es oft Chloride, die gegen Glätte verstreut werden. Bei der Spannungsrisskorrosion treten im Allgemeinen keine sichtbaren Korrosionsprodukte auf. So kann sie leider leicht übersehen werden. Die Trennung erfolgt verformungsarm, das Versagen kann spontan eintreten.
Bedingt durch die Korrosion ist die Anwendung von Stahl zum Bewehren von Beton immer mit einem Risiko verbunden und Betonbauteile müssen deswegen ständig überprüft werden.<<
Einleitungsbild: Straßen- und Tiefbauamt, Landeshauptstadt Dresden